Wenn…

…einer eine Reise tut, dann kann er was erleben.

Also meistens zumindest…so auch ich…mal wieder. Dienstlich verschlug es mich heute in die Hansestadt mit H. Mitleser(innen) dieses Blogs mögen mir verzeihen, dass ich dies verschwiegen habe, aber der Termin kam a) recht kurzfristig und war b) zeitlich sehr knapp bemessen…

Aus eben diesen beiden Gründen und mangels einer gescheiten Flugverbindung, fuhr ich mit dem Zug. Jetzt mag sich schon manch einer denken, dass die Bahn an sich und das Reisen mit dem Zug die ein oder andere Hürde mit sich bringen, aber das wahre Abenteuer ereilte mich eigentlich eher rund um meinen kurzen Aufenthalt…

Die Züge waren im übrigen überraschend pünktlich und leer und mal abgesehen davon, dass sie den IC, den ich im wunderbaren Münster bestieg, wohl aus dem gleichen Wurmloch gezogen haben, wie P0rnô Klausi was zum einen akutes Retroschulausflugsmuffflair versprühte und zum anderen den Unmut einiger Mitreisender auf sich zog, weil deren Platzreservierungen wohl null und nichtig waren, war die Hinreise ok.

Am Hauptbahnhof angekommen bestieg ich dann wie geplant ein Taxi…schon als ich dem vermutlich pakistanischen Taxifahrer meine Zieladresse nannte kuckte er mich erstmal nur mit großen Augen unter extrem buschigen Augenbrauen an, die seinem ebenfalls extrem buschigen OLiBa Konkurrenz machten…ich wiederholte mein Begehr und erntete erneut einen Buschblick…

Ich buchstabierte nochmal den Namen der Firma, die ich besuchen wollte…der Buschblickpakimann fragte mich darauf hin, ob ich zu Panasonic wolle, was ihm einen Blick meinerseits entgegen brachte, der ungefähr so aussah -> (oÔ)

Mir egal, ob da Panasonic ist, fahr mich zu der Adresse (wie sich später rausstellte war Panasonic da tatsächlich in der Nähe, aber der Name meiner Firma und „Panasonic“ hören sich ungefähr so gleich an wie „Birne“ und „CurrywurstPommesScharf“…)

Buschpakimann jedenfalls fuhr endlich los…nach ca. 3 Minuten Fahrzeit teilte er mir mit, dass Baustellen scheisse sind und deutsche Baustellen allgemein NOCH scheissiger, weil da meist nur ein Mann arbeitet. Wenn überhaupt jemand arbeitet. Und Handwerkerautos fahren immer langsam, weil da drin nämlich Handwerker sitzen, die arbeiten SOLLTEN, es aber nicht tun und deswegen extralangsam fahren, damit sie dem Chef dann sagen können, sie konnten nicht schneller auf der Baustelle sein. Interessante Theorie. Buschpakimann scheint diese Einstellung zuwider zu sein, weswegen er schnell fahren WOLLTE…behindert durch einen großen Unfall, gefühlten 99,9% aller restlichen Autofahrer und gezwungen dazu wegen des Unfalls eine Umleitung zu fahren, kannte Buschpakimann nix und fuhr, als hätte er seine Lizenz in der Rushhour Islamabads erworben und diese nochmal mitten in Mumbai mit der Lizenz zum unholy helldriving Taximan of doom erweitert. Gemäß deutscher Straßenverkehrsordnung hätte der Mann vermutlich schon nach 3 km sein Punktekonto bis zum bersten gefüllt, was ihn aber nicht störte. Hupend, Spurwechselnd (wahlweise mal mit Dauerblinker oder ganz ohne) und rote Ampeln überfahrend (dieses Baustellenampel – nix verstehen warum da…nix nutz, nix gutt!) steuerte er sein Fahrzeug mit umbuschtem Blick entschlossen durch den dichten Stadtverkehr, während er noch darüber referierte wie kacke moderne Autos sind, weil wegen der ganzen Elektronik. Ich rutschte derweil immer tiefer in den speckigen Ledersitz des fahrenden Sterns und hoffte auf baldige Ankunft und darauf, dass ich selbige auch noch bei vollem Bewusstsein erleben würde. Großes Kino. Immerhin hatte Buschpakimann einen Quittungsblock dabei und ich vermute mal, dass er mich bei dem Preis derbe abgezockt hat, aber da ich damit beschäftigt war ihm nicht in die Karre zu reihern (was seinem Fahrstil angemessen gewesen wäre) und ich die Rechnung für die Reisekosten einreiche will ich mal nicht so sein…

Über das Meeting was dann folgte und was der eigentliche Sinn meines Erscheinens war, möchte ich den Mantel des Schweigens legen…nicht, weil es nicht interessant war (ok, es war NICHT interessant), aber das gehört nicht hierher. Ich hatte im Anschluss aber Glück, dass mich ein Kollege zum Bahnhof bringen konnte, so dass mir eine weitere Taxifahrt erspart geblieben ist…immerhin…

Da ich noch eine Stunde Zeit hatte, bis mein Zug fuhr, habe ich mich zumindest bis zum nächsten Bekleidungsgeschäft gewagt und da noch kurz geshoppt…weil mir die Bahn und ihre Fahrpläne aber per se nicht geheuer sind, sorgte ich dafür, dass ich eine halbe Stunde vor Abfahrt am Gleis bin, um noch auf eventuelle Änderungen reagieren zu können. Gut – das war nicht nötig, aber ich machte noch ein paar interessante Beobachtungen…

Pfandsammler z.B. scheint es am Hauptbahnhof mit H viele zu geben. Einige von ihnen schienen mir schluderig und gar nicht wirklich am eventuell tiefer verborgenen Pfand interessiert – ein anderer hingegen gab alles und lies die volle Müllanarchie ausbrechen. An diesen kombinierten Glas-Papier-Verpackungs-Restmüll-Mülleimern nämlich, lies er keinen Stein oder besser Müll auf dem anderen. Munter wurde Papiermüll in den Restmüll geschichtet, weil ja UNTER dem Papier was sein könnte und genau so munter wurde dann der Restmüll in das Verpackungsentsorgungsloch gepfriemelt, denn auch hier KÖNNTEN sich ja Schätze verbergen. Letztendlich sah die Mülltrennungstonnenstation aus, als hätte ein Umweltaktivist ein künstlerisches Statement für oder eher gegen die Mülltrennung installiert, aber der Pfandfredi war glücklich…immerhin 2 Büchsen konnte er dem „Kunstwerk“ entlocken…naja dann…

Ebenfalls leicht verstörend war der…die…ähhhh…das Drag“queen“. Ist jetzt für mich per se nix schlimmes/besonderes/whatever und irgendwie rechnet man in der Hansestadt mit H ja schon fast damit, dass einem solche aufgerüschten Paradiesvögel über den Weg laufen, aber der/die/das war in seiner „Normalität“ schon wieder so abgefahren, dass es echt strange war…Ich schätze den Typ auf Anfang/Mitte 40, bestimmt 1,90 groß und als Frau angezogen. Aber mehr so als Frau im 80er-Jahre-Büroangestellten-Look. Dauerwelle, Kassengestellbrille, weiße Bluse, biederer grüner Stoffrock (mit der obligatorischen Handbreit überm knie) und die typischen Büropumps – halbhoch mit Blockabsatz…dazu allerdings krasspinker Lippenstift…und diese tuckige Handtaschenhaltung in der Armbeuge mit exaltiert abgewinkelter Hand. So schlenzte er/sie/es komplett normal am Gleis lang und wirkte, als könnte ihn/sie/es kein Wässerchen trüben…*chrchr*

Während ich dann noch über so manch komische Gestalt am Bahnhof sinnierte stellte ich fest, dass zwei Typen – nennen wir sie Lollek und Bollek – aus einem gerade pausierenden Regionalzug entstiegen sind, um Fotos von sich zu machen. Also gegenseitig. Am Zug und am Gleis. Das ich -wartenderweise- so positioniert war, dass ich so ziemlich auf jedem Foto mit drauf bin, schien ihnen egal. Ich persönlich finde das jetzt nicht so schlimm, aber wenn ich Fotos mache, dann knipse ich so, dass ich wenigstens versuche nicht direkt andere Leute mit zu fotografieren. Also mitten auf’s Bild. Und glauben sie mir…ich sah zu dem Zeitpunkt nicht unbedingt nach Augenweide aus. Eigentlich war (und bin ich noch immer) ein einziger Augenring, da ich leicht übernächtigt bin und mich derweil noch einige Dinge gar stresslich verfolgen, die ich heute hätte besser erledigen können…egal…Lollek und Bollek fotografierten mit wachsender Begeisterung und ich kann mir irgendwie schwer vorstellen, wie sie mein Vorhanden sein, auf all ihren Bahnhofserinnerungsfotos erklären werden…

„Mamutschka…chabe gemacht gutes Fotos chin Bahnchof Chaaaamburg…“

„Lolllllleeeeeeek – ist schickes Zug, chaber wer chist Schabraaaaaaaaacke chauf alle diese Bjider…sieht sie schleeeeecht chaus“

*umkipp*

Bin übrigens wieder gut angekommen…keine weiteren Vorkommnisse…

5 Kommentare

  1. …es gibt aber auch ein paar Gestalten in dieser schönen Hansestadt mit H. Aber vielleicht ist die Hansestadt mit H ja genau deswegen so ganz besonders schön. *gg*

    Wegen nicht Bescheid gegeben: Alles gut. Hätte eh nicht gekonnt. Saß zwei Stunden beim Doc inkl. echt besch…. Diagnose am Ende. Alles mistig gerade.

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    1. Oo Diagnose…oh mann, ich hoffe es ist jetzt nicht so derbe schlimm. Ich hatte nur kurz dran gedacht bescheid zu geben, weil da was fertig ist und naja…*g* aber egal – ich hatte eh nur die std. und wenns nach Plan gegangen wäre, wäre es noch knapper gewesen. Also nochmal gute Besserung!

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  2. Meine Erfahrung: je größer die Stadt – desto mehr äh unkonventionelle Leute! Hab ich mich noch in der Domstadt an die ein- oder andere Spezialität gewöhnt, komme ich noch heute z.B. in Berlin kaum aus dem Staunen raus.
    Am meisten freut es mich, dass die Bahnfahrt so unkompliziert war! Ich weiß aber, dass eigentlich so gut wieder Blogger mit dem Gedanken in ne Bahn steigt „Wenn was passiert, kann ich es gut verbloggen!“ ….und dann „patzt“ die Bahn. ;)

    Fotos: ich HASSE sowas ja!! Hab jetzt schon häufiger erlebt – gerade z.B. bei Selfies – dass Leute, die ungewollt mit auf dem Bild waren sehr heftig um die Löschung des Bildes „gebeten“ haben.

    @Nordmädchen: oh nein – das klingt sehr unglücklich!! Alles Gute!! *Schokolade reich*Drück dir die Daumen – für Besserung und so!

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    1. …in der Domstadt glaube ich auch, dass es da viele „komische Typen“ hat ^^ ebenso in Berlin…naja…ehrlich gesagt hat mich der Taxifahrer mit seinem Kamikazefahrstil auch am meisten aus dem Konzept gebracht…

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      1. ..und ich bin das so irgendwie von Taxifahrer gewohnt, dass mich das schon nicht mehr gewundert hat. Also hier noch mal drei mal aufs Holz geklopft und nen Kurzen für den angegriffenen Magen, dass da nicht mehr passiert ist. Ich glaub ja eh, dass man als Taxifahrer ne gewisse Egal-Haltung zu Verkehrsregeln usw. braucht. Sonst macht einen der Job kaputt.

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